Frohlocket, Nürnbergerinnen und Nürnberger – die Sonne kommt raus. Die ersten sanften Sonnentage. Wenn auch zaghaft, so werden die ersten Heizungen runtergedreht. Was sonst eh schon jeden Frühling passiert, entlädt sich dieses Jahr noch fulminanter. Raus muss der Stress, hinweg mit dem pandemischen Frust. Und alle drehen am Rad: Zuallererst natürlich am Lenkrad.
Das Dröhnen der Motoren steigt mit jedem Sonnenstrählchen, die Fenster geöffnet, die Mucke zum Anschlag hoch, bis im Altenheim die Herzschrittmacher streiken. Das Bedürfnis, sich als Autofahrer mit Kommerzgedudel allen anderen mitzuteilen, kann eigentlich nur einer Form von Minderwertigkeitsgefühl entspringen. Seht her, ich bin auch wer. Ich kann auch was. Ey, Alter, wie toll ich am Wolljumknopf drehen kann! Der Ufta-Ufta-DJ aus der Südstadt ist das akustische Pendant zur physischen Erscheinung der dicken Eier. Alle mal herhören, Schlussverkauf, alles muss raus und zwar mit großem Gedöns. Ufta. Ufta. Nürnberg ist im Sommer voller Weirdos, doch die Diesel-DJs sind besonders penetrant. Schließlich kann man so manchem Gschmarri entrinnen, wenn man einfach wegsieht. Weghören kann man nicht so einfach. Ufta, Ufta.
Somer, Du nahst. In Nürnberg kreischen die Sägen wie Sirenen, in jedem Gärtchen wird gehämmert, gesäbelt und geklopft, bis sich der letzte Regenwurm verkrochen hat. Bauarbeiter erheben sich taufrisch aus dem Winterschlaf, monoton hämmern die Dachdecker, da wird Beton gemischt, hier röhrt der LKW, Heckenscheren klappern im Takt, es grunzt der Kappo, ej Schorsch bringmer amol zwa Halbe miid.
Und er liefert, der Schorsch. Fühlt sich der Nürnberger gut, dann macht er Lärm, egal zu welcher Tageszeit. Die Zeit der Klingelstürme hat wieder begonnen. Das besoffene Jungvolk torkelt nachts um halb drei übermütig aus den Dissen am Klingenhofareal und verwirklicht sich erratisch. Volljährig, aber Klingelsturm. Irre.
Am nächsten Morgen blüht’s überall und bunt. Zwanzig Grad im März, hellblau der Himmel. Drüben in der Kilianstraße, da trifft man sich im Sonnenstudio.
Auf zum Hauptmarkt, hier gibt es das beste Erdbeereis. So lang ist das noch gar nicht her, da gab’s für Dreisechzig noch drei prächtige Kugeln. Jetzt sind wir bei Einsachtzig die Kugel, und die ist über die Jahre stufenlos zusammengeschrumpft. Auch das ist Nürnberg.
Nürnberg, eine Stadt, in der 15.000 Hunde gemeldet sind. Wenn jeder zweimal am Tag kackt, sind das 30.000 Tüten am Tag. Oder zehn Millionen Tüten voll Hundekacke im Jahr. Zehn Millionen! Wenn sie denn alle eingetütet würden. Werden sie aber nicht. Nun kann man sagen, ist ja gut für die Umwelt und jede nichteingetütete Wastl-Mine ist ein Schlag ins Gesicht des Iwan. Schlimmer ist es freilich, wenn die Pudelkacke triumphierend auf dem Wohnzimmerteppich dampft.
Frohlocket, Nürnbergerinnen und Nürnberger – die Sonne kommt raus!